Arnold Ruge

Verantwortlich für diesen Bereich: Prof. Dr. Hans-Martin Sass und Juliane Brenscheidt

Arnold Ruge (1802-1880)

Der am 13. September 1802 als Sohn eines Gutspächters auf der Insel Rügen Geborene kommt als Student der Philologie in Halle in burschenschaftliche Kreise und durch Verrat aus den eigenen Reihen in preußische Haft, die mit einer Verurteilung zu 14 Jahren Festungshaft endet, von denen er 5 Jahre bis 1830 auf der Festung Kolberg absitzt. Sein Zellengenosse ist Ernst Schliemann; beide lesen in der Haft die griechischen Klassiker, Jean Paul und Platon. Geprägt vom burschenschaftlichen Patriotismus und dem Studium der Klassik beschäftigt sich Ruge seit dem Erscheinen der Hegelschen Vorlesungen 1832 vor allem mit der Hegelschen politischen Theorie und wird ein aktiver Diskurspartner in dem Streit um die konservative, liberale oder revolutionäre Interpretation und Applikation der Hegelschen Politik- und Emanzipationstheorie.

Mit Echtermeyer gründet er als Gegengewicht gegen die akademischen und politisch konservativen Berliner Jahrbücher die 'Hallischen Jahrbücher' 1838, die dann nach der erzwungenen Auswanderung von Preußen nach Sachsen sich ab 1840 'Deutsche Jahrbücher' nennen, bis sie 1843 auch dort verboten werden und Ruge die von der Zensur verbotenen Beiträge in der Schweiz in den beiden Bänden der 'Anekdota' veröffentlicht. Gemeinsame Pläne zur Volksbildung mit Fröbel zerschlagen sich; mit Marx gibt er von Paris aus 1844 die 'Deutsch-Französischen Jahrbücher' heraus; der Plan zu den Jahrbüchern und Ruges Kritik des französischen Sozialismus und des Marx-Engelschen Ansatzes finden sich im Band 6 unserer Ausgabe.

Das Jahr 1848 sieht Ruge in der ersten Reihe des Paulskirchenparlaments als liberalen Abgeordneten aus Breslau. Trotz Aufsehen erregender Plenarreden zur polnischen Frage und zur Einberufung eines Völkerkongresses bleibt Ruges Einfluss gering; er gründet die bald wieder verbotene Zeitung 'Die Reform', schreibt die Wahlmanifeste der radikalen Reformpartei Deutschlands und der radikal-demokratischen Partei und nimmt aktiv an der Berliner Revolutionsbewegung 1848/49 teil [Bd. 7], bis die Beschlagnahmung seiner Druckerei, Haftbefehl, Verfolgungs- und Lebensgefahr ihn zum Exil zunächst 1849 nach Paris und ab 1850 nach Brighton zwingen.

Von Brigthon aus versucht Ruge mit nicht viel Erfolg weiterhin medienpolitisch und ideenpolitisch die Entwicklung in Deutschland, und nun auch zunehmend in Europa, zu beeinflussen. Die Gründung eines neuen Publikationsorgans ist nicht erfolgreich, ebenso wenig die Gründung eines 'Europäisch Demokratischen Committee' und spätere Versuche von London aus. Schon 1846 hatte er sich in einer Auseinandersetzung mit seinem Freund aus burschenschaftlichen Tagen, Robert Prutz, vom nationalstaatlichen Patriotismus losgesagt und für einen übernationalen freiheitlichen Patriotismus plädiert [Bd. 7]; seit 1860 unterstützt er öffentlich die Bismarcksche Einigungspolitik gegen Österreich. Das nicht unerhebliche Vermögen, das er 1848 in die beschlagnahmte Druckerei gesteckt hatte, wird ihm vom preußischen Staat nie zurückgegeben; aber Bismarck setzt dem Emigranten seit 1877 einen Ehrensold von jährlich 1000 Mark aus. Ruge stirbt am Silvestertag 1880 im Alter von 78 Jahren im Exil im englischen Brighton.

[aus Werke und Briefe, Einleitung der Werke und Briefe, Band 1]


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